Ein Baby im Mutterleib erhält sein Leben ohne die geringste Anstrengung. Es erhält das Leben von seiner Mutter. Seine Mutter erhält das Leben vom Universum. Wir erhalten in jedem Augenblick unser Leben vom gesamten Universum. Dieses Baby aus dem Mutterleib erhält die Milch seiner Mutter. Seine Mutter gibt ihm ihr Leben, sie schenkt ihm ihre ganze Liebe. Wenn dieses Baby heranwächst, wird es erwachsen werden und in der Folge gibt es sein Leben allen Existenzen weiter. Buddhas Lehre begleitet uns in dieser unumgänglichen Entwicklung. Wir empfangen Leben und geben selber Leben weiter. Unser Leben ist ein Austausch, eine gegenseitige Abhängigkeit, eine Zusammenarbeit mit dem ganzen Universum. In einigen Ländern arbeiten Kinder von klein auf. Mit 12 Jahren leisten sie ihren Beitrag an ihre Familie, an ihr Dorf. Früher war man in Europa mit 21 Jahren erwachsen. Heute ist es mit 18. Manche Leute verlangen, dass es mit 16 sein soll. Wie dem auch sei, die erwachsene Form des Menschen ist, den anderen Existenzen in gleicher Weise zu dienen wie diese zu unseren Diensten sind. Wie ein Baby bleiben zu wollen, vom Leben anderer saugen zu wollen, ohne etwas zu geben, ist nicht der Normalzustand. „Ich will anderen nichts geben, ich denke nur an mich selbst…“ dies bedeutet, vom Normalzustand abzuweichen und andere, aber auch sich selbst, leiden zu lassen. Vor allen Dingen möchte ich nicht Schuldgefühle in euch wecken. Der Buddha hat nie die Energie der Schuldgefühle genutzt, um seine Schüler zur Entfaltung zu bringen. In den Sutras heißt es sogar, Schuld sei Gift. Es geht nur darum, das Offensichtliche zu sehen, auf eine von den drei Giften gereinigte Sicht Zugriff zu haben, selbst zu entscheiden, ob wir an dieser von den drei Giften gereinigte Sicht interessiert sind. Wenn dem so ist, dann besteht der Weg, uns davon zu befreien darin, in die richtige Körper-Geist-Haltung zu treten wo Körper und Geist in Einheit sind, wie jetzt in Zazen. Wenn ihr eure Aufmerksamkeit auf jeden Punkt der Haltung richtet, wenn ihr die Nieren streckt, wenn ihr euch vom Rücken bis zum Scheitel abrollt, wenn ihr mit den Knien auf den Boden drückt, wenn ihr den Himmel stemmt indem ihr auf den Boden drückt, wenn ihr das mit einer unendlichen Feinheit und in kontinuierlicher Weise, ohne Unterbrechung tut, dann seht ihr selbst mit Körper und Geist, dass alle Phänomene leer sind. ihr seht dann, dass sie nur aufgrund von Unbeständigkeit und gegenseitiger Abhängigkeit existieren und dass all die Kommentare, die ihr dieser Realität hinzufügt, all die Bilder, die ihr euch von dieser Realität macht, all die Interpretationen, meistens nicht notwendig sind. Sie sind nicht notwendig, um auf das Wesentliche zuzugreifen, welches gerade darin besteht, mit allen Existenzen in Einheit zu sein, in einem unbewussten, ausgewogenen Austausch mit allen Existenzen zu stehen. Ihr versteht dann, dass all eure mentalen Ausscheidungen ein Hindernis für die wahre Liebe sind, dass sie nur Berechnungen sind die meistens durch egoistische Interessen motiviert sind. Auf diese Weise kommt ihr gerne zurück, um euch mit der Realität zu vereinen, so bringt ihr euren Geist zu jedem Punkt der Haltung zurück. Wie der große Meister Bodhidharma sagte: „sich hineingeben und mit dem Mysterium vereinen…“ Das ist das Wunderbarste was es gibt. Sich mit Eifer mit dem Geheimnisvollen, dem Unerklärlichen vereinen… Welch ein Wunder!
Taiun Jean-Pierre Faure, August 2020
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