Zazen ist keine gewöhnliche Praxis. Tatsächlich verlangt Zazen eine große Demut (lat. humilitas). Humus, das ist die Erde, zurückkehren zur Erde des Geistes, zurückkehren zum Geist in seiner ursprünglichsten Form. Zazen verlangt die Gedanken vorbeiziehen zu lassen, sich nicht mit den Gedanken zu identifizieren. Die Gedanken sind Produkte des Geistes oder vielmehr eine spezielle Funktionsweise des Geistes. Wahrnehmung ist eine Funktion des Geistes, sich Erinnern ist eine Funktion des Geistes, Wissen ansammeln ist eine Funktion des Geistes, Denken ist eine Funktion des Geistes. Dies sind die Funktionen des Geistes, wie das Schneiden die Funktion des Messers ist. Aber was in Zazen verlangt wird, ist zurückzukehren zur Essenz des Geistes, zum Geist in seiner ursprünglichen Form.


Einem Ton mit dem Ohr zuhören, das ist auf einem Aspekt der Realität stehenzubleiben. Man kann auf einem vergangenen Moment anhalten, um sich an ihn zu erinnern. In beiden Fällen, wie wenn man eine Absicht hat, setzt man ein Hindernis in den Fluss des Geistes, der von sich aus frei fließt. Im Zazen gibt man alle Absichten auf, man sucht nicht danach etwas zu fabrizieren, man kehrt ganz einfach zum reinen Geist zurück, mit dem man die Realität so sieht wie sie ist.


Wenn wir die Evolution des Menschen betrachten, des homo erectus – der der sich auf seine beiden Beine stellt, der die Haltung der Tiere verlässt. Er wird der homo sapiens – der der sein Wissen nutzt. Dann wird er anschließend sapiens sapiens – der der gleich mit den Göttern ist, der Herr der Schöpfung. Das ist eine Art zu funktionieren, die etwas zu erhalten anstrebt, es zu kontrollieren.
In Zazen verlässt man diese Art zu funktionieren vollständig, man bleibt auf nichts stehen, es gibt keine Fixierung im Zazen: Wir kehren zu unserer ersten und originalen Dimension zurück, zu Buddha – das ist nicht das Gewöhnliche. Alle unsere Funktionen des Geistes sind in unserem Leben nach Außen gerichtet. In Zazen macht man etwas anderes. Man geht zurück zur Essenz, zu dem was essenziell ist, zur reinen Existenz, der Geist frei von jeder Absicht.


Es ist eine große Form der Demut zu Buddha zurückzukehren, zu bedenken, dass bevor wir ein denkendes Wesen sind, wir ein lebendes Wesen sind. Bitte – versteht für euch selbst, warum Zazen so wichtig ist, warum die Wurzel wichtig ist. Wenn die Wurzel stark ist, sind die Äste, die Blätter und die Blüten schön.


Im Geist krank sein heißt sich auf einen Aspekt zu fixieren und alle anderen zu vergessen. Manche Menschen machen nichts außer Wissen anzuhäufen, andere erinnern sich nur an Vergangenes, damit lebend die Wahrheit immer nur in der Asche des Vergangenen zu suchen. Andere sind immer dabei zu analysieren – analysieren, um immer einen Vorsprung vor den Anderen zu haben oder um Vorteile aus der Situation zu ziehen. All das führt in den Wahnsinn.


Zum Geist in seiner originalen Form zurückzukehren, sich ihm ohne Absicht zuzuwenden, aufzuhören der Herrscher der Welt zu sein, aufhören damit von Allem profitieren zu wollen, alles auszunutzen. Versteht die Notwendigkeit, dass unser Leben in der Ewigkeit verwurzelt ist, in der Realität, in der Wahrheit. Es ist durch Demut, dass wir zu unserer Buddhadimension zurückkehren, die unübertrefflich ist.


Wenn der Mensch, weil er diese großen Fähigkeiten hat, die Krone der Schöpfung sein möchte oder der älteste Sohn der Schöpfung, verdeckt er, dass er nur ein Kind Buddhas ist. Seine wahre Familie ist die Buddhas und in dieser muss er seine Demut zeigen. Die Arroganz ist eine Form der Verrücktheit, alles dirigieren zu wollen, sich besser als die Anderen zu glauben ist eine Form der Verrücktheit. Wir sind vor allem Buddha.

Taiun JP Faure, Mai 2024

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