Das Problem des Lebens und des Sterbens zu lösen ist die große fundamentale Aufgabe unseres Lebens. Alle menschlichen Lebewesen kennen im Herzen das schmerzliche Aufkommen dieser Frage.
Manche glauben, dass es darauf keine Antwort gibt. Andere sagen, dass nach einem Leben voller Leiden das Paradies kommt. Wieder andere sagen, dass man die Lösung außerhalb der Phänomene des Alltagslebens suchen muss.
Von Anfang an hat Buddha gelehrt, dass wenn das gewöhnliche Leben – das man im Buddhismus Samsara nennt – Leiden ist, dass wir es in Ignoranz getaucht leben, erfüllt von Gier und Abneigung. Buddha sagt sehr klar, dass der Zustand des Paradieses, das Nirvana, nicht außerhalb von uns zu suchen ist, nicht später, aber dass er im Herzen dieses Lebens existiert sobald wir alle Leidenschaften die uns bedrücken ausgelöscht haben.
Das ewige Leben manifestiert sich schon immer durch Geburt und Tod. Das Problem des Lebens und des Todes zu lösen das ist im Zustand des Nirvana zu sein, im Zustand der absoluten Ruhe, im Fluss von Geburt und Tod.
Was wir Geburt und Tod nennen ist nichts anderes als die unaufhörlichen Veränderungen des ewigen Lebens des Universums, ohne Anfang, ohne Ende. Dies zu Wissen bleibt ein schwacher Trost, wenn wir nicht wissen wie wir dies realisieren können. Solange wir andere Dinge suchen als die die uns gegeben sind, drehen wir uns unbefriedigt in dem höllischen Kreis des Samsara. Es ist wichtig zu verstehen, dass es im Inneren der Situationen unseres Lebens ist, welche diese auch seien, wo man die Auflösung des Leidens findet, das Nirvana. Wenn der Mensch das in seinem eigenen Leben realisiert, dann löst er auch die große Aufgabe des Lebens.
Wenn die Menschen in ihrem Leiden die Augen zum Himmel richten können sie in einer spontanen Eingebung realisieren, dass etwas Größeres, Absolutes, Ewiges existiert, das der Kern des Lebens ist.
Der Mensch ist ein religiöses Tier. Er manifestiert seine religiöse Dimension, wenn er das Mysterium der Ewigkeit durchschaut, über seine persönlichen Sorgen hinaus. Wie es Buddha in seiner Zeit gemacht hat setzen sich seine Schüler heute in Zazen, bewegungslos, die Dimension des Absoluten zu verehren, die im Inneren unserer Zellen ist, im Herzen unseres Lebens. Hierbei gelangen sie zu dem Gefühl an der Wurzel das da lautet
„Ja, ich komme in seinen Tempel und bete die Ewigkeit an“
In dieser aktuellen Periode der Krise und der Abwesenheit des Glaubens ist es notwendig mit Vertrauen zurückzukehren zum Absoluten, Unsagbaren, Unbegreiflichen. Nur mit der Welt der Formen beschäftigt vernachlässigen wir das Essentielle, die letztendliche Realität.
Mehr noch: Die Unermesslichkeit der unergründbaren Weiten verängstigt uns. Aber der 28. Patriarch unserer Schule, Bodhidharma, findet in dieser Nacht der Unbegreiflichkeit etwas tröstliches und wärmendes, das ihn beruhigt. Er stürzt sich mit Vertrauen hinein und sagt:
„Wie wunderbar in den Schoss der Mysterien zurückzukehren“.
Wer diese Dimension in sein Leben hineinbringt wird weder aufgewühlt von den Klängen des Frühlings noch erdrückt von der Tristesse des Herbstes: Es ist wie es ist, egal wie die Jahreszeiten des Lebens sind.
Wenn es Zeit ist zu Leben gibt es nur eins zu tun: Sich dem Leben widmen mit ganzer Kraft. Und wenn Alter und Tod kommen sie gleichermaßen von Herzen vollständig zu akzeptieren.
Zwischenzeitlich. Wir die wir die menschliche Form angenommen haben, vergeuden wir nicht den gegenwärtigen Moment. Jeder Moment, egal wie er ist, ist wertvoll. Er verdient alle unsere Liebe, alle unsere Aufmerksamkeit. Dass wir uns ihm mit offenem Herzen hingeben.
So realisieren wir Samsara und Nirvana in einer einzigen und gleichen Einheit.
(Taiun Jean-Pierre Faure)