Der Mensch, das religiöse Wesen
Das Absolute ist im Herzen aller Phänomene des Universums gegenwärtig. Der Weg wird vom ganzen Universum natürlich, unbewusst und von selbst umgesetzt.
Daher die Frage, welche sich Meiste Dôgen stellte, bevor er Meister Nyôjo getroffen hat: “Wenn alles schon Buddha ist, wieso praktizieren?” Nachdem er seine Zweifel aufgelöst hat, erinnert er uns daran, dass die Berge und die Täler nichts anderes als der wahre Geist sind. Weil es schwer ist diese Wahrheit zu erkennen, verfolgen viele von uns Irrwege und entfernen sich vom Verhalten eines Buddhas, während sie zum ursprünglichen Weg, welcher vom ganzen Universum seit Ewigkeiten praktiziert wird, zurückkehren müssten. Shakyamuni war der erste, welcher diesen ursprünglichen Weg wiedergefunden hat, der von den alten Buddhas, den Bergen und den Tälern , praktiziert wird.
Für die Menschen, welche sich allzu oft auf ihre mentalen Fabrikationen stützen, ist es nicht offensichtlich wie man zum ursprünglichen Weg zurückkehrt. Deshalb muss der Mensch, auch wenn er ein Kind des Universums ist, auf eine religiöse Praxis zurückgreifen. Sobald er mit seiner reflexiven Fähigkeit, einem starken Werkzeug wie dem Mentalen, ausgestattet ist, muss er sich den Gesetzen des Universums gewahr sein. Wenn er dies nicht tut, trifft er auf das Leiden. Im Grunde ist der Mensch, wie es Meister Deshimaru in Erinnerung rief, ein religiöses Wesen.
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Die grundlegende Praxis des Bodhisattva
Im Zen Sôtô, welcher dem Mahayana Buddhismus zugehört, gibt es nur eine einzige Praxis, die des Bodhisattvas. Sobald man einen ersten Schritt auf dem Buddhaweg tut, ist man ein Bodhisattva. Jeder, der den Weg praktiziert ist ein Bodhisattva. Im Mahaprajnaparamita Sutra wird der Bodhisattva als ein Bewusstsein beschrieben welches sich erweckt. Der Weg des Bodhisattva ist unendlich. Er kommt im unübertreffbaren und vollkommenen Geisteszustand des Buddha zur Vollendung. Auch wer die Form eines Mönchs annimmt, bleibt vor allem ein Bodhisattva. Jeder Bodhisattva legt die drei Schätze in das Herz seines Lebens. Er gelobt, Buddha zu werden und seiner Unterweisung zu folgen. Durch dies befreit er sich von den drei Giften und hilft somit allen Wesen, dasselbe zu tun: Dies sind die vier Gelübde, welche das Leben eines Bodhisattva leiten.
Um das Streben der Befreiung von den drei Giften zu verwirklichen, erhält er die zehn Bodhisattva-Regeln, mithilfe derer er alle Aspekte seines Lebens beleuchten und klären kann. Diesen Bodhisattva-Regeln folgen verlangt die meiste Zeit sich im Ungeborenen zu gedulden, das heißt sich vor dem Ansturm der drei Gifte nicht zu bewegen. Dies ist es, was wir in Zazen tun und was wir versuchen im Leben weiterzuführen.
Ein Bodhisattva, welcher die Gelübde sehr ernst nimmt, erreicht es dennoch nicht immer diese zu realisieren. Er erkennt dass dies eine packende Aufgabe ist, die nichtsdestotrotz außerhalb der Reichweite seines eigenen Willens liegt. Er wünscht, auf diesem unendlichen und delikaten Weg geführt zu werden. Er fragt nach Hilfe und entscheidet, sich an die Linie der Patriarchen, welche bis zu Buddha Shakyamuni zurückgeht, anzulehnen und sich als Mönch[1] ordinieren zu lassen. Er tritt in den Orden des Zen Sôtô ein.
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Der Mönch des Zen Sôtô
Er legt Zazen an die Wurzel seiner Praxis und erkennt die Nützlichkeit der Formen des Zen Sôtô an. Er bezieht sich auf die Unterweisung der Zen- Patriarchen, drückt seine Verehrung gegenüber dem Buddhageist durch Zeremonien aus, er kleidet sich nach der Tradition seiner Schule und führt sein tägliches Leben gestützt auf ritualisierte Formen aus, wie z.B. die Praxis der Oryoki beim Empfang der Nahrung.
Bei der Mönchsweihe nimmt er die vom Meister ausgestreckte Hand an und erkennt ihn als Lehrer an. Er akzeptiert die Unterweisung der Gemeinschaft und willigt ein, deren Regeln zu befolgen. Wenn er durch die Welt geht liegt ihm am Herzen, die Unterweisung Buddhas in der Form des Zen Sôtô in Ehren zu halten.
Natürlich ist ein Bodhisattva, welcher sich entschieden hat den Regeln des Zen Sôtô zu folgen, weniger frei seinem persönlichen Geist zu folgen. Wenn er aber mit Klarheit die Stärke des Karma bedenkt, sieht er den Anspruch, welcher an den Mönch gestellt wird, als eine große Hilfe an.
Während der Zeremonie zur Mönchsweihe heißt es im Text “Danksagung”: “unter allen Buddhas gab es keinen, welcher die Form eines Mönchs nicht angenommen hätte. Unter allen Verdiensten ist die Annahme der Form eines Mönchs die höchste… ein Verdienst, welcher stetig reift um eines Tages die Frucht des Buddha zu ergeben.”
Wenn man sagt, dass “unter allen, welche die Erweckung realisiert haben, keiner es verfehlt hat, die Form eines Mönchs anzunehmen”, bestätigt dies, dass dies durch die Praxis des Bodhisattva geschieht. Und zwar an erste Stelle gesetzt, 24h am Tag gelebt und geführt von einem Meister.
Tatsächlich definiert Meister Dôgen den Mönch als einen, der sein Haus verlässt – Shukke[2] auf japanisch. Dies ist eine symbolische Art “wer seinen Egoismus ablegt” zu sagen. Andererseits definiert er mit Zaike den, welcher den Weg praktiziert und weiterhin in seinem Haus bleibt. Der Shukke wie der Zaike entscheiden sich beide, den Weg zu verwirklichen[3]. Der eine folgt den traditionellen Formen des Zen Sôtô, der andere unterhält ein Familienleben, in welchem er die Verantwortung des zivilen Lebens trägt (bis heute betraf diese Ordination meistens die Ehefrauen der Tempel- Verantwortlichen in Japan).
Meister Dôgen schrieb: “Die vollständige und unübertreffbare Erweckung verwirklicht man am selben Tag, an welchem man sein Haus verlassen und die Gebote erhalten hat. Wenn es diesen Tag, an welchem wir das Haus verlassen um Mönch zu werden, nicht gibt, wird es auch nie die Verwirklichung geben.“
Dabei lädt er uns ein, die Schwierigkeit, weltliches und religiöses unter einen Hut zu bringen, genau anzuschauen. Auch wenn eines das andere nicht ausschließt ist es schwer, zwei Meistern zur selben Zeit zu dienen. Der Mönch widmet sein Leben seiner Befreiung und der Befreiung der anderen. Er widmet sich dem Essentiellen und wendet sich vom Nebensächlichen ab. Während der Ordination macht der Novize Sanpai in Richtung seiner Familie. Auf dies Weise zollt er denen, die ihn geliebt und ernährt haben einen tiefen Respekt. Er entwirrt sein Verhältnis zu seiner Familie von jeglichen Anhaftungen. Er öffnet allen Wesen sein Buddhaherz, seine Familie eingeschlossen. Er löst sich von den weltlichen Werten um sich dem Leben Buddhas zu widmen.
Sobald wir in den Weg eintreten, wenden wir unseren Geist nach innen, dem ursprünglichen Geist zu und kümmern uns nicht um die Formen die auftreten und verschwinden. Dies tun wir in Zazen. Dies tun wir während eines Sesshin. Dies tut ein Mönch wenn er sich von der weltlichen Unruhe zurückzieht um während drei Monaten mit anderen Mönchen Ango[4] zu praktizieren.
In allen drei Fällen die ich beschrieben habe handelt es ist darum, sich zu erwecken, seiner Berufung Buddha zu werden zu folgen und seinen Geist zu klären um sich anschließend der Welt zuzuwenden. Es ist sogar so, dass auch wenn die persönliche Verwirklichung notwendig ist erhält diese nur einen Sinn, wenn sie zum Wohle aller anderen eingesetzt wird. Im Bemühen um die authentische Weisheit und das reelle Mitgefühl ist der Mönch, seiner persönlichen Schwächen bewusst, bereit, der Unterweisung seinesgleichen zu folgen, bereit den Regeln zu folgen und sein Haus zu verlassen um in das Haus Buddhas einzutreten. Den Weg in der Gesellschaft zu leben ist schwieriger: der Geist sorgt sich darum die materiellen Bedürfnisse zu decken, was häufig von der Konsumgesellschaft verstärkt und pervertiert wird. Während sich in einem Kloster alle Gegebenheiten finden, um ein Leben welches sich dem Essentiellen widmet, zu führen. Wir profitieren von der Stärke der Gruppe, von der Strömung welche uns über uns hinaus führt. Im Weiteren schützen uns die Regeln vor unseren Nachlässigkeiten und unseren Ablenkungen.
Natürlich liegt das wahre Kloster tief in uns drin, es handelt sich nicht um ein außerhalb unseres Lebens liegendes Konstrukt. Es ist jedoch in einem Kloster, wo man der Mönchsunterweisung folgen und voll und ganz, weit weg von allen persönlichen Beschäftigungen, die drei Schätze in Ehren halten kann. Man kann dort neben dem Meister leben und durch diesen Kontakt unbewusst die Übermittlung von sowohl den Gelübden als auch des Buddhageistes erhalten.
Man muss sich immer wieder daran erinnern, dass Buddha gemäß zweier Realitäten unterweist. Die eine, die Absolute, ist die des Erweckten, die andere, die Relative, wird durch unsere Sinne wahrgenommen, verstanden und durch unser Mentales interpretiert. Diese zwei Sichtweisen koexistieren in jedem Augenblick. Nur die Erweckten können diese zwei Realitäten gleichzeitig sehen.
Wie im Hannya Shingyo gesagt wird, kann man das Absolute in den Phänomenen sehen, jedoch kann man auch die Phänomene aus dem Absoluten hervorkommen und dahin zurückkehren sehen: Ku soku ze Shiki, Shiki soku ze Ku. Wir müssen uns nicht zwischen dem Absoluten und den Phänomenen entscheiden, das Eine dem Anderen vorziehen. Dazu haben wir jedoch ständig die Tendenz: die einen ziehen den relativen Aspekt vor, andere den absoluten Aspekt. Diese zwei Tendenzen finden sich in der Art wieder, wie wir uns in den Weg einbringen. Die einen bringen sich ein, indem sie Shukke, Mönch des Körpers, werden; andere indem sie Zaike, Mönch im Geiste, werden.
Schematisch gesehen fördert der Mönch des Körpers den absoluten Aspekt und weist die ordinäre Welt zurück, während der Mönch im Geiste keine einzige Form des Samsara zurückweist um dabei manchmal Gefahr zu laufen, den absoluten Aspekt zu vergessen. Diese beiden Tendenzen beruhen auf dem Karma. In der modernen westlichen Gesellschaft interessiert man sich mehr für die Formen als für das Essentielle.
Unsere Praxis strebt danach, diese beiden Visionen zu vereinen. Die wahre Verwirklichung ist dabei, sich über beide Tendenzen zu stellen, das Nirwana inmitten des Samsara zu sehen: Ku in Shiki und Shiki in Ku. Die Wahl bleibt jedem selbst überlassen unter der Bedingung, dass man bei der Entscheidung die Ursachen und Gründe kennt.
Die Geschichte zeigt, dass es am Anfang eine Tendenz, sich von der Welt zurückzuziehen, Ku vorzuziehen, gab. Im weiteren Verlauf, während der Entwicklung der buddhistischen Doktrin, wurden im Mahayana, wie es die Konzile bezeugen, die Phänomene der Ort der Praxis der Erweckung. Sie durften nicht zurückgewiesen werden – wir müssen uns nicht von der ordinären Welt zurückziehen, jedoch von dessen Werten.
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Das Ende der Kontroverse
Wir haben gerade an einer Zeremonie zur Vorbereitung des 650ten Jahrestages des Todes von Gasan Zenji, welcher Nachfolger von Keizan Zenji war, teilgenommen. Während dieser Zeremonie wurde zu verstehen gegeben, dass Sojiji wie auch Eiheiji, ich zitiere: „Orte der Praxis der Sôtô- Schule sind, sie sind für die Verbreitung und Förderung des Buddha- Dharma da und für die Ausbildung der Mönche welche dazu berufen sind, die Unterweisung an die folgenden Generationen weiterzugeben“. Es wurde an die entscheidende Rolle, welche das Sôjô in unserer Schule einnimmt erinnert: die Weitergabe der Unterweisung von Meister zu Schüler.
Gasan Zenji brachte eine sehr große Energie auf um den Wunsch seines Meisters zu ehren, welcher sich, wie er, unaufhörlich der Entwicklung und Verbreitung der Unterweisung des Zen Sôtô hingab. Er widmete sich außerdem der Unterweisung von 25 herausragenden Schülern wovon fünf, einer nach dem anderen, Abt von Sojiji wurden.
Als Nachfolger einer Linie, die ihn an Buddha bindet, ist der Mönch dazu berufen an der Weitergabe dieser kostbaren Unterweisung mitzuwirken. Sobald wir die Schritte dieser Riesen vernehmen, welche die Erde erschüttern, sind auch wir dazu aufgefordert, uns zur Weitergabe des Dharma zu bewegen. Den Standards der Sôtô- Schule entsprechend verliert ein Mönch, welcher nicht innerhalb von 20 Jahren nach seiner Ordination die Hossenshiki- Zeremonie macht, seinen Mönchsstatus. Ein Mönch hat demzufolge die Berufung, das Dharma weiter zu geben. Um den wahren Weg Buddhas richtig in der Welt zu verbreiten muss er eine gewisse Verwirklichung berührt und eine solide Unterweisung erhalten haben.
Der Tradition entsprechend folgt ein Shukke einer Ausbildung in Form von mehreren „ango“ in einem Kloster. In unserer Sangha haben wir Shukke mit „Mönch“ übersetzt, was widersprüchlich ist da das Wort „Mönch“ im Westen einem klösterlich geregelten Leben vorbehalten ist, im Gegensatz zum Priester, welcher ein Leben in der Welt führt.
In der Sôtô – Schule in Japan spricht man eher von „priest“, „Priester“, auch wenn sie in einem Kloster leben. Als Priester ist er dazu aufgefordert, sich freigiebig der Welt zuzuwenden um die Unterweisung Buddhas bekannt zu machen. Er wendet gewandt Mittel an um die Laien daran zu erinnern, dem Absoluten die erste Stelle in ihrem Leben zu geben und dieses in Übereinstimmung mit der kosmischen Ordnung zu führen. Er gibt diese Unterweisung während der großen buddhistischen Feste, er lädt die Laien ein, Zuflucht zu nehmen und die Gelübde während der O-Jukai-Zeremonie zu erhalten. Zu guter Letzt, während der Beerdigungs-Zeremonie, ruft er der Versammlung in Erinnerung, ihr Leben nicht zu verschwenden und Buddha in ihr Leben zu bringen.
Traditionellerweise lebt das Kloster mitten in der Welt, im Austausch mit ihr. Das Kloster ist im Besitz des Dorfes und wird von ihm materiell versorgt. Die Dorfbewohner gehen ganz natürlich hin um geholfen zu bekommen und um den Mönchen zu helfen.
Auf diese Weise vermitteln die, welche sich dem Klosterleben widmen, die spirituellen Werte an die Laien und erhalten von ihnen im Gegenzug den Lebensunterhalt. Damit respektieren sie die Lebensweisheit „wenn sich die materielle Gabe mit der spirituellen vermengt, ergeben sich zusammen unbegrenzte Verdienste“.
Im Osten wie im Westen sitzt ein Sôtô-Zen-Mönch nicht von morgens bis abends auf seinem Zafu. In einem Kloster beginnt und beendet er seinen Tag mit Zazen. Den Rest der Zeit widmet er Buddha und den Menschen, all dies auch im Aufkommen für die für das Leben der Gemeinschaft nötigen Arbeiten. Darin unterscheidet er sich nicht vom „Mönch des Geistes“.
Im Westen, wo der Buddhismus erst seit kurzem eingepflanzt wurde, geht der Mönch in die Welt, gibt Vorträge, zögert nicht im Fernsehen zu sprechen und benutzt alle möglichen Mittel um die Existenz des Buddhaweges bekannt zu machen. Auch wenn sich die Form von dem was in Japan und von dem was in Europa getan wird unterscheidet, ob der Mönch in die Welt geht oder ob die Welt ins Kloster kommt, die Berufung des Mönchs bleibt die selbe: die Unterweisung Buddhas so vielen wie möglich zu geben und dadurch allen Wesen zu helfen.
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Die realistische Weitergabe
Für Dôgen besteht die Verwirklichung des Weges in der Praxis der Gebote und im Entsagen von den Werten des Weltlichen. Es gibt zwei Arten zu entsagen: entweder im Geist oder in den Taten.
Ubakikuta erhielt gerade die Mönchsweihe als ihn sein Meister Shonawashu fragte: „Hast Du Dich entschieden ein Mönch im Geiste oder ein Mönch des Körpers zu sein? Verlässt du wirklich dein Haus oder im übertragenem Sinn?“ Über dieses Ereignis wird im Denkoroku[5] von Meister Keizan berichtet.
Für Keizan verlässt der Mönch des Körpers wirklich physisch sein Haus, rasiert sich den Kopf, trägt Mönchskleidung und lebt von der Freigiebigkeit seiner Mitmenschen. Er strengt sich an, in jedem Moment des Tages den Weg zu leben. Von jeglichen familiären und sozialen Zwängen entbunden und von allen affektiven Bedürfnissen befreit, begehrt er nichts. Er labt sich nicht mehr an den Lüsten des Lebens und hat keine Angst mehr vor dem Tod. Er folgt dem Weg… sucht nicht mehr nach der Wahrheit und flieht nicht mehr vor den Illusionen. Keizan sagt: „Sein Geist ist wie die reine Klarheit des Herbstmondes.“
Weiter nach Keizan gibt der Mönch des Geistes seinen Egoismus auf, rasiert sich den Kopf jedoch nicht. Er lebt in der Welt wie der Lotus im Morast lebt ‒ ohne schmutzig zu werden. Wenn er verheiratet ist und Kinder hat kettet er sie nicht in egoistischer Weise an sich. Er weiß, dass das abschneiden wollen der Leidenschaften eine Krankheit ist, denn das Samsara ist nichts anderes als das Nirwana. Keizan vergleicht ihn mit einem „im Himmel schwebenden Gestirn, einer Perle die in einer Schale rollt“. Er ist in der Welt, ist jedoch nicht von dieser Welt; er schmeckt die Geschmäcker dieser Welt, ohne an einen von ihnen verhaftet zu sein.
Zwischen diesen Archetypen – Mönch im Geiste und Mönch im Körper – gibt es eine Fülle von dazwischen liegenden Möglichkeiten welche von den Gegebenheiten des Lebens abhängen. Somit liegt es an jedem, die Form anzunehmen, welche ihm entspricht. Jede Möglichkeit hat ihren Wert und ihren Daseinsgrund. Man kann sich vorstellen, die Erfahrung des Mönchs des Körpers für eine gewisse Zeit zu machen, eine gewisse Verwirklichung zu berühren, eine Ausbildung zu erhalten um in Freiheit und klarem Bewusstsein in die Welt zu gehen.
Wenn wir nicht acht geben, können wir den Mönch des Geistes und den Mönch des Körpers gegeneinander stellen. Shonawashu machte keine solchen Kategorien. Für ihn sind Körper und Geist nicht getrennt. Man kann die Form nicht vom Grund, den Geist nicht von der Form, trennen.
Der Mönch des Körpers und der Mönch im Geiste versuchen beide, das Nirwana ins Herz des Samsara zu bringen, sowohl ihm Kloster wie in der Stadt. Sie sind beide wachsam, nicht Freiheit im Egoismus und die Freiheit vom Egoismus zu verwechseln. Wenn wir in die Vergangenheit schauen waren die meisten großen Patriarchen Mönche des Körpers. Wenige Mönche im Geiste sind bekannt die, wie der mythische Vimalakirti, den Weg verwirklicht haben. Der, welcher in der Welt bleibt, ohne dabei der Welt weder gefällig zu sein noch sich mit ihren Fehlern zu verbünden, stürzt sich gewiss in ein heroisches, jedoch auch gefährliches Unterfangen.
Die Unterscheidung zwischen Mönch im Geiste und Mönch des Körpers hat keinen Platz in der Realität Buddhas. Es stellen sich jedoch heutzutage in Europa Fragen wie: „Ist die klösterliche Praxis die einzig gangbare?“ „Zwischen Mönch im Geiste und Mönch des Körpers, welcher ist der authentische Mönch?“ In Wirklichkeit sind dies keine angebrachten Fragen und die Kontroverse die daraus folgt ist nicht seriös.
Das wirkliche Problem ist, wie wir der Menschheit helfen können sich vom Leiden zu befreien, wie wir den Buddhaweg korrekt weitergeben.
Die Art zu unterweisen des Buddha ist sehr weit von der gewöhnlichen Denkweise entfernt. Wir müssen über die Art seine Unterweisung zu erhalten und weiterzugeben nachdenken. Zum Beispiel: Soll man die Formen des Zen vereinfachen, um sie unserer Gesellschaft zugänglicher zu machen?
[1] Mönch, vom Griechischen μόνος (mónos): «allein, einzig, ein». Er lebt alleine, ohne Bindungen aber in Einheit mit allen Wesen
[2] Shukke: Das Kapitel Shukke Kudoku aus dem Shobogenzo ist der erste Text, welchen Meister Dôgen im Eiheiji- Kloster präsentiert hat. Er zeugt darin von einer „radikalen Klösterlichkeit“.
[3] Es wurden zwei mögliche Ordinationen in unserer Schule definiert: die von Shukke tokudo und die von Zaike tokudo. Tokudo = den Weg verwirklichen – Shukke = vom Haus weggehen; Zaike = im Haus bleiben
[4] Ango: Wörtlich übersetzt „in der Ruhe verweilen“. Dies umfasst einen drei dreimonatigen Aufenthalt in einem Ausbildungs- Kloster wo man sich der Praxis der Erweckung widmet indem man den Formen des Zen Sôtô folgt.
[5] Denkoroku: Eine Zusammenstellung welche kurze Biographien der dreiundfünfzig Patriarchen von Shakyamuni bis Koun Ejo beinhaltet.